Gewalt kann in Familien, Gruppen, aber auch in stationären Einrichtungen auftreten. Unter den Begriff Gewalt fallen physische, psychische, verbale und sexuelle Übergriffe.
Die SSBL setzt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür ein, Gewalt in allen Formen zu erkennen, zu verhindern und zu verfolgen. Entsprechende Konzepte, Regulative, offene Kommunikation, fachliche Schulung sowie Unterstützungsangebote für Mitarbeitende und Bewohnerinnen und Bewohner sollen dies ermöglichen.
In der SSBL werden Intensivwohngruppen für Menschen mit stark herausfordernden Verhaltensweisen betreut.
Formen von Gewalt
Zu den herausfordernden Verhaltensweisen zählen etwa Fremd- und Autoaggressionen, schwere Störungen im sozialen Zusammenleben oder auch Gewalt der dinglichen Umwelt gegenüber. In gewissen Intensivwohngruppen werden Mitarbeitende täglich mit Gewalt konfrontiert. Gewalt kann aber auch auf anderen Wohngruppen vorkommen. Und genauso kann sie von Mitarbeitenden ausgeübt werden.
Gerade in Bezug auf sexuelle und körperliche Gewalt von Mitarbeitenden hat eine gesellschaftliche Sensibilisierung stattgefunden.
Prävention und Sensibilisierung
Mittels Prävention versucht die SSBL, Gewalt zu vermeiden. Dazu gehört eine offene Kommunikation sowie Hilfe und Unterstützung von Mitarbeitenden, Bewohnerinnen und Bewohnern. Klare, transparente Richtlinien regeln zudem den Umgang mit Gewalt. Die Richtlinien sind den Mitarbeitenden, den betreuten Personen sowie deren Angehörigen bekannt.
Die Mitarbeitenden werden gegenüber Gewalt sensibilisiert und in regelmässigen Fortbildungen geschult. Mit den Bewohnerinnen und Bewohnern einer Wohngruppe finden Bewohnersitzungen statt, in denen sie miteinander über das soziale Zusammenleben und somit auch über Gewalt und den Umgang miteinander sprechen.
Null-Toleranz gegenüber Gewalt
Jede Form von Gewalt wird in der SSBL erfasst und mit geeigneten Massnahmen bekämpft. Jeder Gewaltvorfall muss gemeldet und die notwendigen freiheitsbeschränkenden Massnahmen müssen nach dem Vieraugenprinzip getroffen werden, wobei diese wiederum zur Überprüfung zu melden sind.
Sexualisierte Gewalt findet im Verborgenen statt. Institutionen, in denen Menschen betreut werden, sind besonders gefährdet. Schwerbehinderte Menschen können sich meistens nicht selber wehren und teilweise auch nicht darüber sprechen.
Alle Mitarbeitenden der SSBL müssen eine Charta zur Prävention von sexueller Ausbeutung, Missbrauch und anderen Grenzverletzungen unterschreiben, in der sie bestätigen, dass kein Verfahren gegen sie lief oder läuft und dass sie die herrschende Null-Toleranz zur Kenntnis genommen haben.
Bewohnerinnen und Bewohner werden aufgeklärt, damit sie wissen, was mit ihnen geschieht und wie sie sich wehren können. Begeht ein Mitarbeitender oder eine Mitarbeitende Übergriffe, folgen die fristlose Entlassung und die gerichtliche Anzeige.
Frühzeitiges Handeln
Wird ein Bewohner oder eine Bewohnerin gewalttätig, suchen die Mitarbeitenden nach den Ursachen und nach Lösungsmöglichkeiten. Der Fokus liegt darauf, die Betreffenden in ihren Fähigkeiten zu stärken und zu fördern. Manchmal reichen kleine Änderungen im individuellen Alltag wie vermehrte Spaziergänge oder die Möglichkeit des Alleinseins. Manchmal hilft auch das Gespräch mit der Psychologin der SSBL.
Abwehrtechniken und freiheitseinschränkende Massnahmen (FEM)
Um mit Gewalt von Bewohnerinnen und Bewohnern umzugehen und Gewaltsituationen zu beruhigen, lernen Mitarbeitende in Kursen regelmässig sogenannte Deeskalationstechniken. Weiter lernen sie spezielle Abwehr- und Befreiungstechniken, die sie, ohne ihr Gegenüber zu schädigen, anwenden können.
Erst wenn ein Einschreiten absolut notwendig wird, stehen die freiheitseinschränkenden Massnahmen (FEM) zur Verfügung. Dazu gehören das Entfernen aus dem Raum, das Abschliessen einzelner Türen, der Aufenthalt im Time-out-Raum, das Wegnehmen von Gegenständen, das Festhalten, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit etwa durch die Wegnahme eines Schlüssels, die Einweisung in eine Klinik.
Wirkungsvolle Kontrolle
Für freiheitseinschränkende Massnahmen (FEM) gilt das Sechsaugenprinzip. Die Massnahmen müssen schriftlich erfasst, mit der Gruppenleitung besprochen, der Wohnheimleitung mitgeteilt und vom Fachbereich, der auf Gewaltprävention spezialisiert ist, als angemessen beurteilt und bewilligt werden. Auch mit der betroffenen Person werden die Massnahmen wenn möglich besprochen und der gesetzlichen Vertretung mitgeteilt.
Freiheitseinschränkende Massnahmen müssen dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechen: sie müssen geeignet, angemessen und notwendig sein. Gibt es andere Möglichkeiten, sind sie zu vermeiden. Ethisch am besten vertretbar sind vorbeugende agogische Massnahmen, die eine FEM unnötig machen.
Funktionierende Aufsicht
Wichtig sind systematische, unabhängige Aufsichtsverfahren. Die SSBL stellt sich regelmässig externen System- und Fachaudits. Ferner führt der Kanton Inspektionen durch. Bei personenbezogenen Fragestellungen liegt die Oberaufsicht bei der KESB (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde). Beim Kanton kann jederzeit eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht werden.